Dieser Leserbrief wurde im Mai dem Bote der Urschweiz zugestellt. Der Brief wurde noch nicht abgedruckt.

5G-Antennen verunsichern die Luzerner Bevölkerung – Experte kann die Kritik nicht verstehen

In Pascal Linders Artikel vom 1. Mai 2020 „5G-Antennen verunsichern die Luzerner Bevölkerung – Experte kann die Kritik nicht verstehen“ kommt der Teamleiter Luft und Strahlung beim Luzerner Amt für Umwelt und Energie, Peter Bucher, zu Wort.

Zu recht erwähnt er die für den Mobilfunk geltenden Grenzwerte sowie das im Umweltschutzgesetz verankerte Vorsorgeprinzip.

Zu den Grenzwerten ist zu sagen, dass diese 1999 von der Internationalen Kommission zum Schutz vor nichtionisierenden Strahlung (ICNIRP) übernommen worden sind. Bei dieser Kommission handelt es sich um einen privaten Verein, der sich selber (aus der Mobilfunkindustrie nahestehenden Leuten) konstituiert hat und juristisch den selben Status hat wie z.B. der Kaninchenzüchter-Verein Ravensburg. Die Grenzwerte ziehen lediglich eine möglich thermische Auswirkung auf den Menschen, aber keine biologischen Auswirkungen in Betracht.

Dies obwohl einschlägige Untersuchungen sehr renommierter Institute und Forscher vorliegen (National Toxicology Institute (NTP), USA; Cesare Maltoni Cancer Research Center, Ramazzini Institute, Italien; Prof. em. Martin L. Pall, Washington State University). Das NTP kommt zum Schluss, dass es eindeutige Beweise für eine krebserregend Wirkung von Mobilfunkstrahlung bei bestrahlten Nagetieren gibt, selbst wenn die Strahlungsintensität weit unter den schweizerischen Grenzwerten liegt. Die Ramazzini-Studie spricht u.a. von Hirnhauttumoren. Pall zählt acht nachgewiesene Gesundheitsgefahren auf, die von Mobilfunkstrahlung ausgehen, so DNA-Doppelstrangbrüche, Oxidativen Stress und Verursachung von Krebs.

Der Wissenschaftliche Dienst des EU-Parlaments legte im Februar 2020 bezüglich 5G dar, „dass gepulste EMF in den meisten Fällen biologisch aktiver und daher gefährlicher sind als nicht gepulste EMF. Bei der 5G-Technologie werden sehr hohe Pulsationsniveaus verwendet, um sehr große Datenmengen pro Sekunde übertragen zu können. Zusammen mit der Art und Dauer der Exposition scheinen Eigenschaften des 5G-Signals wie das Pulsieren die biologischen und gesundheitlichen Auswirkungen der Exposition zu erhöhen, einschließlich der DNA-Schäden, die als Ursache für Krebs angesehen werden. DNA-Schäden werden auch mit einer Abnahme der Reproduktionsfähigkeit und neurodegenerativen Erkrankungen [Alzheimer] in Verbindung gebracht.“

Das Bundesamt für Umwelt räumt selber ein, dass es sich bei den Grenzwerten nicht um Unbedenklichkeitswerte handelt, sondern diese lediglich anhand technischer, betrieblicher und wirtschaftlicher Kriterien festgelegt wurden. Und: „Nach wissenschaftlichen Kriterien ausreichend nachgewiesen ist eine Beeinflussung der Hirnströme. Begrenzte Evidenz besteht für eine Beeinflussung der Durchblutung des Gehirns, für eine Beeinträchtigung der Spermienqualität, für eine Destabilisierung der Erbinformation sowie für Auswirkungen auf die Expression von Genen, den programmierten Zelltod und oxidativen Zellstress.“ Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat hochfrequente Strahlung als möglicherweise krebserregend klassifiziert, gestützt auf Befunde bei der Nutzung von Mobiltelefonen.

Vor diesem Hintergrund verstehe ich nicht, wie Herr Bucher behaupten kann: „Es gibt keine seriösen Hinweise darauf, dass die Strahlung von Antennen eine gesundheitliche Wirkung hat (…)“. Es ist bis auf weiteres auch nicht möglich, die Strahlenintensität von adaptiven Antennen, wie sie für 5G zum Einsatz kommen, zu messen. Das liegt u.a. daran, dass adaptive Antennen ihre Einstellungen sowohl hinsichtlich des Fokus‘ als auch der Richtung jede Millisekunde autonom ändern können.

Weiter mehren sich die Hinweise, dass die Belastung durch Mobilfunkstrahlung unser Immunsystem schwächen kann, wie umweltmedizinische Ärzte am 6.4.20 in einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Merkel dargelegt haben. Sie fordern eine Reduktion der allgegenwärtigen Zwangsbestrahlung und eine umfassende Aufklärung der Bevölkerung über die Risiken der Hochfrequenztechnik.

Im übrigen ist es im Sinne der Produktehaftpflicht nicht Sache der Bevölkerung nachzuweisen, dass Mobilfunkstrahlung gesundheitsschädigend ist, sondern Aufgabe der Mobilfunkbetreiber zu beweisen, dass Mobilfunk, insbesondere 5G, ungefährlich ist. Mir ist noch keine entsprechende Studie bekannt.

Christoph Meier, lic. phil., Rufibergstrasse 44, 6415 Arth